Willibald Sauerländer

Iconic Turn? Eine Bitte um Ikonoklasmus

Vortrag im Rahmen der Vorlesungsreihe "Iconic Turn" an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Willibald Sauerländer

Willibald Sauerländer

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Kurzbeschreibung

Das wissenschaftliche Projekt der traditionellen "Kunstgeschichte", deren Diskurs ästhetische mit historischen Kriterien verflochten hat, beruhte auf einer stillschweigenden Verabredung über Wesen und Grenzen von "Kunst". Diese Verabredung war seit je brüchig und niemals im strengen Sinne abgesichert. Sie erscheint vollends als obsolet seit im Zeichen der "Visual Studies" und des "Pictorial Turn" eine Bildwissenschaft gefordert wird, welche sich mit allen Bildern beschäftigen soll.

Dieses Projekt einer universellen Bildwissenschaft wird in einer Situation entworfen, in der die Suggestivkraft global verbreiteter Bilder für die öffentliche Verständigung, im Warentausch und für die Steuerung der öffentlichen Meinung eine immer größere Wirkung entfaltet und in weiten Bereichen die sprachliche Argumentation überblendet. Die Macht über die Bilder ist zu einem öffentlichen und politischen Problem geworden, und damit kehrt auch das alte Thema des Bilderstreits in die Diskussion zurück.

Diese neue öffentliche Wirkung von Bildern, welche nicht als Kunst angesehen werden, weist auch die traditionelle "Kunstgeschichte" in die Schranken. Sie wird durch das Projekt einer allgemeinen Bildwissenschaft vor eine Entscheidung gestellt. Verweigert sie sich, so wird sie als eine dem Gestern verhaftete Geisteswissenschaft marginalisiert und historisiert werden. Konkurrierende Disziplinen werden ihr die Bilder stehlen, ein Prozess, der längst im Gange ist. Löst sie sich umgekehrt ohne Vorbehalt in eine allgemeine Bildwissenschaft auf, bringt "Kunstgeschichte" sich um ihr ureigenstes Argument, dass Bilder als Kunstwerke nicht nur unterhalten, informieren und verführen, sondern ein Moment der Reflexion enthalten. Zu wünschen wäre, dass die Kunstgeschichte einen dritten Weg einschlüge, dass sie ihr Wissen um die Konstruktion der alten Bilder und deren soziale Wahrnehmung in den Diskurs über die Wirkung und Wahrnehmung von Bildern in der heutigen Öffentlichkeit einbrächte. Damit könnte sie eine Art kritischen Ikonoklasmus entfalten und angesichts der vielen Bilder, welche die Menschen zu bloßen Zuschauern und Konsumenten degradieren, für die ästhetische Mündigkeit der Bürger in der neuen Videokratie eintreten.

KünstlerInnen / AutorInnen

Termin

Veranstalter

Iconic Turn wird veranstaltet von der Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend, einer Institution der Hubert Burda Stiftung, in Zusammenarbeit mit dem Humanwissenschaftlichen Zentrum der LMU München

Veranstaltungsort

Audimax der LMU München, Geschwister-Scholl-Platz 1, Deutschland

URL

» http://www.iconic-turn.de

Eingabe des Beitrags

, 09.07.2003

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