Dr. Stefan Bechthold


Urheberrecht und DRM

Symposium "DRM und Alternativen"


Stefan Bechthold [link 01]

Stefan Bechthold

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Stefan Bechtold von der Universität Tübingen widmete sich der Diskussion um die urheberrechtlichen Aspekte des DRM.
Auch er ist der Ansicht, dass technischer Schutz immer umgangen werden kann, daher ist der rechtliche Umgehungsschutz eingeführt worden. Seitdem ist nicht nur die Umgehung verboten, sondern auch die Verbreitung von Geräten, die dazu dienen, einen Schutz zu umgehen.
DRM setzt Nutzungsverträge voraus. Diese haben Ähnlichkeit zu Schützhüllenverträgen (shrink-wrap licenses). Problematisch daran: Ist das überhaupt wirksam? Die Rechtslage ist relativ unklar. Man kann aber bei DRM-Systemen die Verträge so ausgestalten, dass sie wirksam sind. Bechtold zeigte einen Nutzungsvertrag von Pressplay vor, der über viele Screens läuft. In derartigen Lizenzen ist der Schutz digitaler Inhalte vertraglich in Nutzungsbedingungen festgelegt (den sog. usage rules).

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Dr. Stefan Bechthold, Juristische Fakultät der Universität Tübingen

Termin

  • 30. Januar 2004-31. Januar 2004

Veranstalter

Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin

Veranstaltungsort

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Eingabe des Beitrags

, 11.11.2004

Kategorie

  • Symposium

Schlagworte

  • Themen:
    • Copyright

Ergänzungen zur Schlagwortliste

  • Urheber- und Datenschutzrecht |
  • Digital Rights Management |
  • Unterhaltungsindustrie

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Man kann nun diese Nutzungsbedingungen in Metadaten maschinenlesbar ausdrücken, daher können technische Systeme diese Bedingungen durchsetzen, auch wenn der Nutzer sie ignorieren möchte. Das Problem dieser technischen Mechanismen sei, dass auch sie wieder umgangen werden können. Dann greift wieder der rechtliche Umgehungsschutz. Löschung der Metadaten ist verboten (§95 UrhG), aber Verbreitung von falschen Metadaten oder Geräten, die diese Erzeugen, ist nicht verboten.
All das hat zu einem Paradigmenwechsel im Schutz digitaler Inhalte geführt. Das besondere an DRM-Systemen ist, dass die unterschiedlichen Mechanismen ineinander greifen und dann ein sehr hohes Schutzniveau bieten. Damit verliert das Urheberrecht seinen Schutzmechanismus. Es wird ein privates, absolutes Recht geschaffen, ein Ausschließlichkeitsrecht.
Das UrhG ist eine Art subsidiärer Schutzmechanismus, wenn die anderen Mechanismen überwunden werden. Das UrhR kann aber auch verwendet werden, um den Schutz durch DRM einzuschränken. Als Beispiel dient ein eBook von Jules Verne – man kann 10 Seiten alle 10 Tage ausdrucken, bei einer frühen eBook-Version von Larry Lessigs „Future of Ideas“ kann man gar nicht drucken, keinen Text in die Zwischenablage kopieren, nicht an andere weitergeben. Jules Verne ist 1905 verstorben, sein Text also eigentlich gemeinfrei – hier wird der Konflikt zwischen UrhG und DRM sehr deutlich. Der Schutz durch DRM ersetzt den Schutz durch UrhG – aber die Rechtfertigung von Schrankenbestimmungen besteht auch in DRM-Systemen. Nutzer sind also auf den Schutz des UrhG angewiesen. Das UrhG wird damit zu einem Schutz des Nutzers, nicht des Anbieters. DRM-Systeme müssen insgesamt begrenzt werden.
Vertraglicher Schutz und Schrankenbestimmungen
Sind Nutzungsbedingungen gültig, wenn sie Schrankenbestimmungen widersprechen? Die EU Urheberrechtsrichtlinie äußert sich nicht direkt dazu. Die Rechtslage in Europa und den USA ist relativ unklar, es gibt noch keine gerichtlichen Entscheidungen dazu.
Umgehungsschutz und Schrankenbestimmungen
§ 95b UrhG
• Rechtsinhaber stellen „notwendige Mittel“ zur Verfügung, damit von Schrankenbestimmungen Begünstigte davon Gebrauch machen können.
• Kein Selbsthilferecht der Begünstigten, keine Weitergabe von Umgehungsvorrichtungen.
• Anspruch der Begünstigten sowie entsprechender Verbände.
Der Unterschied zum DMCA: Der einzelne Begünstigte muss sich an zentrale Stelle wenden, um von seinen Rechten Gebrauch machen zu können. Das gilt erst ab September 2004, greift nicht bei allen Schrankenbestimmungen (nicht beim Zitatrecht oder dem Sui-generis-Datenbankrecht, §49 UrhG), greift nicht bei Zugänglichmachung unter Nutzungsvertrag.
Vor allem gilt es nicht bei individuellen Nutzungsverträgen – dabei kann der Anbieter alle Schrankenbestimmungen aushebeln.
Man setze auf die These, dass der Markt dafür sorge, dass sich eine Balance herausstellt. Ein Beispiel ist iTunes, das wesentlich laxere Bestimmungen hat als etwa Pressplay. Die Kennzeichnungspflicht soll einen Wettbewerb um Schrankenbestimmungen ermöglichen. Derartige Vorschriften (Kennzeichnung) gibt es nicht in den USA oder der EU Richtlinie, sondern nur in Deutschland.
DRM und Privatkopie
Man ist berechtigt, eine digitale Privatkopie zu erstellen, solange sie nicht von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage stammt. Bei technischem Schutz hat man Anspruch auf eine analoge Kopie, aber keinen Anspruch auf eine digitale Kopie (weil das „Gefährdungspotenzial“ der digitalen Kopie wesentlich höher ist). Die Umgehung des technischen Schutzes ist verboten; im Verstoßfall kann ein Rechteinhaber auf Unterlassung und Schadenersatz klagen. Die Umgehung ist aber nicht strafbar.
Insgesamt ist diese Regelung auch für Juristen sehr schwer verständlich, in Deutschland ist sie komplizierter als in Europa. Niemand weiß, wie sie in der Praxis ausgestaltet werden soll.
Es besteht insgesamt die Gefahr der „Überprivatisierung“: private Regulierung und öffentliche Interessen müssen in Einklang gebracht werden. Rechtlicher Rahmen und DRM sind ein einziges Chaos.
Auf Nachfragen aus dem Auditorium:
Ja, man kann durch Nutzungsvertrag alle Schrankenbestimmungen ausschließen.
Das Recht auf analoge Kopie kann durch Verträge unterbunden werden.
Was ist mir offensichtlich rechtswidriger Quelle gemeint?
Wenn ich eine Datei aus einem P2P-Netzwerk beziehe, muss mir klar sein, dass das dort rechtswidrige Vorlagen sind.
Es wird keine elegante, perfekte Lösung des Problems geben, sondern man muss sehen, was sich entwickelt. Bechtolds Hoffnung sei, dass man in zehn Jahren soweit sei, dass man weiß, was los ist.
Auf Nachfrage:
Könnten in Zukunft die Schrankenbestimmungen für analoge Kopien gelten, nicht für digitale?
Ja, kann ich mir vorstellen.
Insgesamt gehe es nicht darum, ein System zu entwickeln – egal, ob technisch oder juristisch – das perfekt ist.

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» http://waste.informa…rlin.de/Grassmuck/drm [link 03]

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