Kurzbeschreibung
Re-Viewing / Re-Framing: Historizität und Kontext in der Videokunst
In der Regel ist die Sichtbarkeit von Videoarbeiten an den konkreten Museums- und Ausstellungskontext gebunden. Aufgrund dieses eingeschränkten Zugangs sind viele, insbesondere historische Videoarbeiten selbst Kunstexperten oft nur als ikonische Standbilder der zentralen Sequenzen vertraut, denn weder die zeitliche Dimension noch die Handlungsdramaturgie oder die installativen Rahmenbedingungen erschließen sich durch die herkömmlichen Reproduktionsweisen in Buch- oder Katalogform. Vor diesem Hintergrund widmet sich der Beitrag einer Diskussion der künstlerisch vertretbaren Möglichkeiten, die ästhetischen Eigenschaften von Videokunst in ihrer sich wandelnden Spezifik "abzubilden". Welche medialen Präsentationsformen bieten Voraussetzungen, zentrale Werke der Videokunst als dokumentarisch konzipierte Surrogatversionen einem breiteren Rezeptionsfeld, insbesondere auch der Forschung und im Lehrzusammenhang zugänglich zu machen? Wie lassen sich selbst-referentielle künstlerische Praktiken im Sinne eines pragmatischen "Re-Viewing" für die Gegenwärtigkeit von Videokunst fruchtbar machen? Als anschauliche Metapher für das Spannungsfeld der Positionierung zwischen Aktualität und Historizität, wird auf Dan Grahams frühe Videoinstallation Present Continuous Past(s) (1974) Bezug genommen. Grahams Betonung der Betrachterrolle verweist auf die zentrale Funktion der Zeugenschaft, die dem Werk eine aktualisierte Präsenz verleiht. Vermittelt durch den Spiegeleffekt des zeitverschobenen Feedback der Videoschaltung wird Geschichtlichkeit als ein grundlegendes Erfahrungsmoment der Kunstrezeption thematisiert, das im Akt der kontinuierlichen Rekonstruktion Gestalt annimmt. Für den Diskurs über erweiterte Rezeptionsbedingungen von Videokunst läßt sich Grahams Installation als programmatischer Impulsgeber lesen, insofern sie traditionelle, von den Autonomieforderungen der Kunst geprägte Präsentationsformen in ein kommunikatives System des permanenten "Re-Framing" und "Re-Viewing" übersetzt und dabei Geschichte und Aktualität des Kunstwerks dialektisch verbindet.